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Was blüht uns im Juni?

Baum des Jahres 2020: Die Gewöhnliche Robinie – Robinia pseudoacacia L.

Wohl kaum ein Gehölz ist derzeit so gefragt und zugleich umstritten wie die Robinie. Begrüßt und abgelehnt, geliebt und gehasst, Pionier oder Gefährder, gegensätzlicher könnten die Meinungen nicht sein. Mit der Wahl zum Baum des Jahres 2020 sollte wohl darauf aufmerksam gemacht werden.

Ihre Heimat ist Nordamerika, die südlichen Appalachen östlich des Mississippis und das Ozark-Plateau westlich davon. Insgesamt gibt es dort und in Mexiko etwa 20 Robinienarten. In Deutschland wurden die ersten Robinien 1670 in Berlin gepflanzt. Die Robinie ist trockenheitstolerant sowie salz- und immissionstolerant. Sie ist nahezu unverwüstlich und wächst auf kargsten Böden. Der prächtig blühende Exot wird als Stadt-, Allee- und Parkbaum gepflanzt.
230-Jahre alte Rubinie im Englischen Garten
Herzog Carl Eugen ließ eine Robinie 1790 in seiner Englischen Anlage pflanzen, wo der nach dem Orkan Lothar 1999 verbliebene, heute 230 Jahre alte Stumpf mit sechs kräftigen Stockausschlägen steht. Außerdem wächst im Landschaftsgarten ein Sortiment an Varietäten, die sich in Blütenfarbe und Wuchsform von der Wildart unterscheiden.

Die lichtliebende, sommergrüne Robinie wird 25-30 m hoch, bis rund 1,2 m im Durchmesser und kaum älter als 150 Jahre. Die Umtriebszeit im Forst liegt zwischen 10 und 50 Jahren. Nach 50 Jahren nimmt die hohe Wachstumsgeschwindigkeit ab.
Langblättrig mit süßlichen Blüten
Die Blätter bestehen aus bis zu 30 cm langen, unpaarig gefiederten Laubblättern mit bis zu 20 eiförmigen Blattpaaren. Die Blattstiele besitzen Gelenke, so dass sie zum Verdunstungsschutz bei Hitze und in der Nacht nach unten klappen können. Auffällig sind die bis zu 5 cm langen Dornen am Blattgrund. Die weißen Schmetterlingsblüten hängen von Mai bis Juni in traubigen Blütenständen von bis zu 25 Einzelblüten herab. Sie duften süßlich und sind reich an Nektar.

Später reifen flache, ledrige, 6-10 cm lange Hülsen, die bis zu 12 Samen enthalten. Ihre Verbreitungsdistanz beträgt bis zu 200 m. Außer den Blüten ist die Robinie, samt Samen, giftig.
Sehr widerstandsfähiges Holz
Die Gewöhnliche Robinie wird wegen ihres Aussehens und der Verwandtschaft auch Schein-Akazie oder Falsche Akazie, gr. „pseudo-“ = falsch, genannt. Dies ist namensgebend für den Akazien-Honig, denn die Robinie ist eine vorzügliche Bienenweide. Robinien-Holz ist zäh, biegsam sowie splitterfest und zählt zu den härtesten Hölzern, die wir kennen. Es erträgt Wechselfeuchte und zeigt keinen Insektenbefall und Fäule. Für Gartenmöbel und Spielplatzausstattungen gibt es nichts Besseres. Der Heizwert ist so hoch wie der von Eiche und Hainbuche.

Jedoch hat die Robinie neben den nützlichen Eigenschaften auch andere Seiten. Sie gilt als invasiver Neophyt, d. h. ein Neuankömmling der mit seiner Wuchskraft und seinem Durchsetzungsvermögen die heimische Flora bedroht und verdrängt. Sie dringt in ökologisch wertvolle Magerstandorte, Trockenrasengesellschaften und fast alle sommerwarmen Offenlandbiotope ein. Durch die Stickstofffixierung ihrer symbiotischen Knöllchenbakterien in den Wurzeln kommt es in den besiedelten Bereichen zu Nährstoffanreicherung im Boden und damit zu einer Veränderung der ursprünglichen, natürlichen Vegetation.
Als Neuankömmling aggressiv
Die Bekämpfung ist schwer und aufwändig, denn der Pionierbaum bildet ausgiebig Stockausschläge und Wurzelbrut. Die zweijährige Ringelung älterer Bäume, die Rodung einschließlich des Wurzelwerks durch Ausbaggern, die Beweidung mit Ziegen und Schafen, selbst die genehmigungspflichtige Anwendung von chemischen Pflanzenvernichtungsmitteln erfordern mehrjährige Nacharbeit, wenn die Maßnahmen überhaupt erfolgreich sind. In ihrer Heimat wird die Robinie von schattenwerfenden Großbäumen überwachsen und zeigt nicht die aggressive, invasive Ausbreitung.

Die Pflanzung von Robinien ist in den Ländern Mitteleuropas genehmigungspflichtig und wird überwacht. In Deutschland gibt es 14000 ha Robinienwälder im trockenen, sommerwarmen Brandenburg und in Sachsen-Anhalt, auf weniger als 1% der Waldfläche.

Der Gattungsname ehrt den Hofgärtner dreier französischer Könige Jean Robin (1550-1629), der im Jahr 1600 die erste Robinie in Europa pflanzte. Beschrieben wurde die Art vom berühmten schwedischen Naturforscher Carl von Linné (1707-1778).

R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner, veröffentlicht am: 17.6.2020


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