Besondere Pflanzen in den Hohenheimer Gärten
Bye bye, Big Heart
Holzskulptur an der Pappelallee
Die markante Holz-Skulptur am Eingang der Pappelallee war für die einen liebgewonnene Station am Wegrand. Für die anderen ein Klotz, der nicht recht ins historische Schlossambiente passt. Dabei stammt das Holz von der sogenannten Schillerlinde, unter der der schwäbisch-stämmige Literat einst Lesungen gehalten haben soll. Nun ist das Kunstwerk wegen Verwitterung selbst bald Geschichte.
Weihnachten 1999. Orkan Lothar fegt übers Land und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Auch in den Hohenheimer Gärten fallen ihm Bäume zum Opfer. Unter ihnen die rund 300 Jahre alte „Schillerlinde“, unweit der Wegkreuzung vor der Pappelallee.
Ob der Schriftsteller einst tatsächlich den Schatten des mächtigen Baumes für Lesungen suchte, ist historisch nicht belegt. Fest steht, Friedrich Schiller mochte den Hohenheimer Park. Während Zeitgenossen häufig die fehlende barocke Ordnung kritisierten verteidigte Schiller die damals innovative "Englische Anlage". Und das obwohl Schiller zu Herzog Carl Eugen ansonsten ein eher zwigespaltenes Verhältnis pflegte.
Künstler
HWP Diedenhofen leitet eine Bildhauerschule in Reutlingen.
Homepage
Mit der Kettensäge vor Ort
Ein Teil des mächtigen Stamms der Schillerlinde befindet sich heute, gut zwölf Jahre nach Lothar, noch immer an Ort und Stelle. Allerdings in veränderter Form.
Der Künstler HWP Diedenhofen, der in Reutlingen eine Bildhauerschule leitet, bearbeitete den gefallenen Riesen zwei Wochen lang vor Ort mit der Kettensäge. Entstanden ist das Kunstwerk „Big Heart“, Teil der Skulpturen-Serie „Brainfruits“.
"Was uns allen gemeinsam ist, ist unser Denken und Wahrnehmen", erklärt der Künstler dazu auf seiner Homepage. "Brainfruits stehen als Raumbilder von Gedanken, Denkmöglichkeiten, die ein freies Assoziieren besonders anschaulich machen."
Diedenhofen überlies "Big Heart" der Uni kostenlos, „weil das Holz in den Park gehört“.
Big Heart eckt an
Von den Hintergründen des gelben Holz-Kunstwerks ahnt der Spaziergänger heute allerdings wenig. Eine erklärende Holztafel wurde wegen Verwitterung schon vor mehreren Jahren entfernt und nicht mehr erneuert.
In einem 2008 erschienen Führer über die Geschichte und Kunst in den Hohenheimer Gärten taucht das Holzkunstwerk ebenfalls nicht auf. Bewusst, wie Adolf Martin Steiner, einer der Autoren des Bandes betont.
„Das vergängliche Holzkunstwerk wurde damals installiert, ohne Berücksichtigung des Parkpflegewerks Hohenheim und des Denkmalschutzes“, erinnert sich Steiner. „Dabei ist die Wegekreuzung ein sehr sensibler Punkt, dessen Gestaltung besonderer Aufmerksamkeit bedarf. In meinen Augen gehört das Holzkunstwerk nicht in diese barocke Umgebung.“
Big Heart im Jahr 2000
Der Professor im Ruhestand hat sich selbst für die Errichtung des Königin Catharina-Denkmals eingesetzt. Ein Obelisk, der 2008 nur wenige Meter entfernt von „Big Heart“ installiert wurde. Vorangegangen seien monatelange Korrespondenzen mit den zuständigen Behörden, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Dies habe man bei der Holzskulptur unterlassen, so Steiner.
In den Folgejahren habe man in den Hohenheimer Gärten darauf geachtet, umgestürzte Baumveteranen schnell zu zerlegen, um zu verhindern, dass der Bildhauer erneut zugreift, erinnert sich der Ruheständler, der viele Jahre Gartenbeauftragter in Hohenheim war.
Bildhauer: „Mehr Kunst würde der Anlage gut tun“
Nach zwölf Jahren hat die Uni nun beim Bauamt einen Antrag auf Entfernung des Kunstwerks gestellt. Grund sei die zunehmenden Verwitterung und teilweise Beschädigung. Kinder könnten sich beim Spielen verletzen, heißt es.
Der Künstler HWP Diedenhofen selbst nimmt es gelassen. „Ich denke das ist ein Fall für den Kompost. Ich war sowieso erstaunt, wie lange die Linde dort überlebt hat. Heute fertige ich nur noch Skulpturen aus Eiche und anderen haltbaren Hölzern.“
Dass es im Hohenheimer Schlosspark so schwierig ist, Kunstwerke zu installieren bedauert der Bildhauer allerdings. „Ich bin während meiner Kindheit häufig durch den Park gestreift und kenne ihn sehr gut. Mehr Kunst würde der Anlage gut tun. Moderne Skulpturen und barockes Ambiente schließen sich dabei mit Sicherheit nicht aus.“Leonhardmair, veröffentlicht am: 28.8.2012
Einige Bildimpressionen