Besondere Pflanzen in den Hohenheimer Gärten
Was blüht uns Ende Januar?
Auffällige Wuchsformen von Bäumen
Der Winter ist die Jahreszeit, in der in den Hohenheimer Gärten die Silhouetten der Bäume zum Vorschein kommen. Ohne die Blätter können Besucher die faszinierenden Wuchsphänomene der Gehölze beobachten, die im Frühling und Sommer vom Laub verdeckt sind.
Wird ein Baum beispielsweise durch Hanglage, durch exponierte Windlage oder durch den Druck von Schneemassen einseitig belastet, bildet sich das sogenannte Reaktionsholz. Dieses ist ein aktives Richtgewebe des Baums. Es ist bestrebt, Baumteile wie die Äste oder den Stamm, die aus ihrer ursprünglichen Lage befördert wurden, wieder in ihre normale Stellung zurückzuführen. Dabei entstehen Zonen mit vermehrtem Zuwachs. Bei Nadelhölzern sieht man sie an der Unterseite das sogenannte Druckholz, bei Laubbäumen an der Oberseite das Zugholz. An Extremstandorten wie Steilhängen und Böschungen führt dies zum sogenannten Säbelwuchs.
Krumme Bäume inspirieren Techniker
Für die Holzindustrie sind solche Verformungen Holzfehler, die die Holznutzung beeinträchtigen. Für das Forschungsgebiet Bionik, das sich damit beschäftigt, Naturphänomene als Vorbild für technische Lösungen nutzbar zu machen, sind die Verformungen hingegen wertvolles Anschauungsmaterial. Denn es lassen sich daraus biologischen Wachstumsregeln der Bäume herleiten. Diese betreffen das Anlagern von Material an überbelasteten Stellen, das Entfernen von Material an unterbelasteten Stellen und das Streben zu einer homogenen Oberflächenspannung.
Mittels Computersimulationen werden die Wachstumsregeln dann auf technische Konstruktionen angewendet. Dabei werden Kräfte definiert, die ein gewünschtes Objekt aushalten muss. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden dann genutzt, um Material- und Gewicht bei der Konstruktion einzusparen.
Produkte für Medizin, Werkzeuge und Freizeit
Dies ist interessant für alle Produkte, bei denen Kräfte im Spannungsfeld zu einem niedrigen Gewicht stehen und für alle Teile, die etwas halten oder tragen müssen. Solche Teile werden für Verkehrsmittel, aber auch für die Medizintechnik, den Outdoorbereich, den Freizeitbedarf und Werkzeuge der Zuliefererindustrie produziert. Hierunter fallen auch Gegenstände des Alltags wie Fahrradrahmen, Schraubstöcke, Haken oder Astscheren.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Bestimmung der Lage und Form von Löchern in Bauteilen. Eine optimierte Lochplatte, die beidseitigem Druck ausgesetzt wird, entspricht ungefähr einem Astloch in einem Baum, das ebenfalls länglich und nicht kreisförmig zusammenwächst und so eine gleichmäßige Spannung besitzt.
Wie aktuell die Bionik in Baden-Württemberg ist, zeigt die neue Dauerausstellung des
Technomuseums in Mannheim. Hier werden seit Dezember auf über 500 m² Fläche Exponate zum Thema gezeigt. Ein weiterer Schritt, um den Graben zwischen der Beschreibung der biologischen und der technischen Welt zu überwinden.R. Gliniars, R. Bäßler & A. M. Steiner, veröffentlicht am: 17.1.2014
Einige Bildimpressionen