Logo der Hohenheimer GärtenBesondere Pflanzen in den Hohenheimer Gärten

Was blüht uns Anfang November?

Die Herbstblühende Zaubernuss (Hamamelis virginiana L.)

Nach ihrem volkstümlichen Namen besitzt die Herbstblühende Zaubernuss magische Kräfte. Tatsächlich haben schon viele Menschen die Zweige in Gabelform als Wünschelruten genutzt, um damit vermutete Wasseradern oder verborgene Erz- und Salzlager aufzuspüren. Ebenso wurden die Zweige auch für die Deutung der Zukunft genutzt und um Hexen aufzuspüren.

Die Vorstellung der Verzauberung beruht auf einer Vorstellung der ersten Siedler Nordamerikas: Weil die Zaubernuss so spät im Jahr blühte wie keines der ihnen aus Europa bekannten anderen Gehölze, sahen sie den Strauch als „verzaubert“. Daraus entstand der Name „Zaubernuss“ oder englisch „witch hazel“.

Die vermeintliche Verzauberung ist für den Botaniker natürlich wesentlich weniger interessant, als die Frage, warum die Zaubernuss-Sträucher erst von Ende September bis Ende November blühen. Der Grund mag vor allem darin liegen, dass die Zaubernuss in ihrer Heimat – den Wäldern des östlichen Nordamerikas – anderen Arten ausweicht. So hat die Pflanze nur wenig Konkurrenz bei der Bestäubung.

Die sich selbst befruchtenden Blüten sind vierzählig: jeder der zwei Fruchtknotenfächer enthält nur eine Samenanlage. Aus den zahlreichen, duftenden Blüten entwickeln sich meist nur äußerst wenige (weniger als ein Prozent) ertragreiche Früchte. Die Überproduktion an Blüten stellt vermutlich sicher, dass die wenigen im Spätherbst aktiven Fliegen und Bienen tatsächlich angelockt werden. Nebenbei begeistern sie den Betrachter mit ihrer Pracht. Die holzigen Kapselfrüchte öffnen sich nach ihrer Reife explosionsartig und schleudern ihre Samen bis zu zehn Meter weit.

Das Wort „Hamamelis“ enthält die Wortstämme Hama, was übersetzt „zur gleichen Zeit“ heißt und melon was „Frucht“ bedeutet. Der Strauch trägt nämlich Früchte (die der letzten Vegetationsperiode), bevor er im selben Jahr wieder blüht.

Die Rinde der Zaubernuss und ihre haselnussähnlichen Blätter enthalten bis zu zehn Prozent Gerbstoffe, die als medizinische Droge entzündungshemmende, bei kleineren Schnittverletzungen wundheilungsfördernde und juckreizstillende Eigenschaften besitzen. Zudem sind ätherische Öle enthalten, die zu Hamameliswasser verarbeitet werden – ein Bestandteil vieler Kosmetika. Auch in der Homöopathie werden Zubereitungen von der Herbstblühenden Zaubernuss bei Krampfaderleiden oder Hämorrhoiden verwendet.

Aufgrund der vielen Eiszeiten waren die Zaubernüsse in Mitteleuropa ausgestorben. Heute sind sie vor allem in Nordamerika und in Ostasien zu finden. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts werden sie in Mitteleuropa wieder angepflanzt. In Hohenheim wurde das älteste Exemplar der Herbstblühenden Zaubernuss 1890 angepflanzt.

R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner, veröffentlicht am: 5.11.2013


Einige Bildimpressionen