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Was blüht uns Ende Mai?

Die Platane – Platanus L.

Seit Stuttgart 21 kennt jeder, der das Geschehen verfolgt, mindestens ein Gehölz und ein Tier: die Platane und den streng geschützten Juchtenkäfer, der auch im Mulm von Totholz großer Platanen lebt.

Platanen gehören zu den schönsten und mächtigsten Bäumen in der Stadt, denn Sie tolerieren nicht nur Trockenheit und Wärme sondern auch Schadstoffe wie kaum eine andere Baumart und gedeihen prächtig. Doch gerade durch diese Toleranz stehen sie als Baumveteranen nicht selten Bauplanern im Weg.

Wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden
Aber politisch Lied, ein garstig Lied! Denken wir eher an die wunderschöne Platane in Hohenheim im Exotischen Garten vor dem Spielhaus, die 1779 von Herzog Carl Eugen und Franziska als Zwillingsbaum gepflanzt worden sein soll.

Bis heute heißt es, die Hohenheimer Platane würde das herzogliche Liebespaar symbolisieren: Im Stamme unten vereint, und doch im Geäst zwei eigenständige Persönlichkeiten geblieben. Se non è vero, è ben trovato, heißt es im Italienischen: wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden.

Die mächtige Hohenheimer Platane mit ihren mehr als 230 Jahren besitzt heute einen Durchmesser von 2,40 Meter bei einer Höhe von 36 Meter und ist damit die größte in Süddeutschland. Sie zählt auch zu den höchsten Platanen Deutschlands und wäre vermutlich die höchste, hätte der Sturm Wiebke Ende der 1990er Jahre nicht einen Teil der Krone auf das benachbarte Spielhaus gepustet.

Die Heimat der Platanen: Vom Himalaja bis Nordamerika
Platanen kommen auf der Nordhalbkugel in den gemäßigten Klimazonen Nordamerikas mit acht Arten sowie in Europa und Asien mit je einer Art vor. Nach Deutschland kamen die ersten Platanen um 1740. In Hohenheim stehen die Morgenländische Platane Platanus orientalis L., die Amerikanische Platane Platanus occidentalis L. und die Hybrid-Art der beiden, die Ahornblättrige Platane Platanus x hispanica Münchh.

Die Morgenländische Platane ist von Sizilien bis in den westlichen Himalaja entlang fließender Gewässer in Auwäldern zu finden. Der Baum erreicht eine Höhe von 30 Meter und besitzt tiefansetzende, ausladende Äste. Die Fruchtstände pro Stiel variieren zwischen drei und sechs.

Die Amerikanische Platane hat ihren Naturstandort im östlichen Nordamerika an fruchtbaren, feuchten Standorten. Sie wird bis 50 Meter hoch bei Stammdurchmessern bis 4 Meter und ist damit eine der größten Laubbäume Nordamerikas. Sie entwickelt nur einen Fruchtstand pro Stiel und nicht so tief eingeschnittene Blätter wie die Morgenländische Art.

Beide Sippen haben sich im frühen Tertiär voneinander getrennt. Umso erstaunlicher ist es, dass eine spontane Kreuzung beider Arten heute möglich ist.

Der Kleiderbaum: die Ahornblättrige Platane
Die um 1650 entstandene Ahornblättrige Platane vereint Eigenschaften beider Arten und wird heute bevorzugt angepflanzt. Sie ist robuster und raschwüchsiger als ihre Eltern. Die Borke ist dunkelgrau bis braun und blättert mit zunehmendem Alter in Platten ab, weshalb man auch vom Kleiderbaum spricht.

Die männlichen Blüten der Platane sind grünlichgelb und klein, während die weiblichen Blüten karminrot mit dem Blattaustrieb im Mai erscheinen. Nach Windbestäubung entwickeln sich im Herbst kuglige Sammelfrüchte, die einsamige Nüsschen enthalten.

Junge Blätter, die Rinde junger Bäume und die Blüten sind zunächst mit feinen Sternhaaren bedeckt. Werden diese als Haarstaub abgestreift und eingeatmet, löst dieses bei empfindlichen Menschen den sogenannten Platanenhusten aus.

Medizinisches Bauholz mit reizvoller Wintersilhouette
Den Indianern diente die Platane für diverse medizinische Zwecke: zur Behandlung von Erkältungen und Husten, aber auch gegen Haut-, Atmungs-, Verdauungs- und gynäkologische Probleme. Die gerbstoffhaltigen Blätter und Rinde werden volksmedizinisch genutzt.

Das zerstreutporige Platanenholz ist wenig dauerhaft, lässt sich aber gut bearbeiten und polieren und findet als Palettenholz, für Dachschindeln und Möbel Verwendung. Besonders im waldarmen Mittelmeergebiet schneidet man die Platanen periodisch völlig kahl, um Brennmaterial zu bekommen und um die Alleen neu zu formieren.

Häufig wurden Platanen im Bereich der Landschaftspflege in Parkanlagen und Gärten gepflanzt. In Großstädten wie London zählt sie als Straßen- und Alleebaum zum Stadtbild, auch wegen ihrer reizvollen Wintersilhouette.

Krankheiten bedrohen die Platanen in der Stadt
Durch die seit einigen Jahren auftauchende Massariakrankheit entwickeln sich die vielen alten Platanen in Städten zu einem baumpflegerischen Problem. Durch die Pilzkrankheit können nämlich selbst Starkäste von 20 cm Durchmesser innerhalb von 4 Monaten durch Sprödbruch versagen, abbrechen und so die Verkehrssicherheit massiv gefährden.

Auch werden nach regnerischen Perioden im Frühjahr viele Platanen durch Erreger der Blattbräune befallen. Hierbei ist die erste Blattgeneration betroffen, die dann welkt. Allerdings bleiben die nachwachsenden Blätter meist gesund und die Bäume regenerieren schnell.

R. Gliniars, R. Bäßler & A. M. Steiner, veröffentlicht am: 30.5.2014


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