Im Gegensatz zur Honigbiene gibt es bei den Wildbienen zahlreiche Spezialisten, die nur den Pollen von Pflanzen bestimmter Familien, Gattungen oder sogar nur einzelner Arten für ihre Larvenaufzucht verwenden können. Diese Wildbienen werden als „oligolektisch“ bezeichnet (oligo = wenig, griechisch; legere = sammeln, lateinisch). Im Extremfall, wenn nur eine einzige Pflanzenart als Pollenquelle genutzt wird, spricht man von monolektischen Arten (vgl. WESTRICH 1990). Zu letzteren gehören beispielsweise Natternkopf-Mauerbienen oder die Spargel-Sandbiene (siehe Abbildung 1), die in Mitteleuropa auf den Pollen des Gewöhnlichen Natternkopfes (Echium vulgare, siehe Abbildung 2) bzw. auf wildwachsenden Spargel (Aspargus offizinalis) für die Aufzucht ihrer Larven angewiesen sind.
1. Männchen der 1 cm großen Spargel-Sandbiene (Andrena chrysopus) auf einer Blüte von wildwachsendem (Asparagus officinalis). Dieser blüht in Übereinstimmung mit der genetisch fixierten Flugzeit der Spargelbiene und nicht wie der Kulturspargel vier Wochen später. (Foto: Schwenninger)
2. Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare) an einem Gleisbett (Foto: Unterseher)
Die Mehrzahl der heimischen Wildbienenarten, darunter alle sozialen Arten wie die Hummeln sowie viele Einsiedlerbienen wie die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis, siehe Abbildung 3), sind jedoch polylektisch. Sie nutzen ein weites Spektrum von Blüten verschiedener Pflanzenfamilien als Nektar- und Pollenlieferanten. Allerdings prägen sich auch polylektische Bienenarten innerhalb ihres Sammelradius die Standorte bestimmter, besonders lukrativer Blütenpflanzen ein, welche sie bevorzugt anfliegen. Bei Ausfall dieser Blüten, etwa durch Mahd, können die polylektischen Bienenarten jedoch auf andere Pollenquellen ausweichen. Dies ist bei den oligolektischen Arten nicht möglich.
3. Die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis, Körperlänge 12 mm) gehört im zeitigen Frühjahr zu den Bestäubern von Obstbaumblüten. (Foto: Schwenninger)
Die Nektarquellen selbst sind in der Regel austauschbar. Der überwiegend aus Zuckern bestehende Nektar dient vor allem zur Energiegewinnung der erwachsenen Wildbienen, daneben wird er noch dem Larvenproviant beigemischt. Von einigen Wildbienenarten werden auch Blütenöle gesammelt.
Aufgrund ihrer speziellen Ansprüche an bestimmte Pollen sind Wildbienen von der Verarmung des Blütenangebots in der heutigen Kulturlandschaft zumeist noch viel stärker betroffen als die Honigbiene. Wie diese sind sozial lebende Wildbienenarten, Hummeln und einige Furchenbienenarten mit einer Flugzeit vom Frühling bis in den Herbst hinein ebenfalls von einem ununterbrochenen Blütenangebot abhängig. Für Einsiedlerbienen (= Solitärbienen), welche nur eine begrenzte Flugzeit von teilweise wenigen Wochen haben, ist hingegen entscheidend, dass sie während dieser Phase ein ausgedehntes Nahrungsangebot vorfinden, zumeist in Form bestimmter – bei oligo- oder monolektischen Bienenarten weniger/ einzelner – Blütenpflanzenarten.
Somit kann eine in kurzer Zeit durchgeführte großflächige Mahd oder intensiver Herbizideinsatz zum vollständigen Ausfall der Nahrungsgrundlage und damit zum Zusammenbruch der gesamten Population führen. Durch Streifenmahd oder abschnittweises Mähen kann dies verhindert werden.
Die Bereitstellung eines ausgedehnten kontinuierlichen Angebots heimischer Wildkräuterblüten, z.B. durch Ansaaten an Ackerrandstreifen, führt auch zu einer deutlichen Verbesserung der Nahrungssituation von Wildbienen, sofern sich die Pflanzenauswahl an den Ansprüchen von Wildbienen orientiert (siehe auch WESTRICH & SCHWENNINGER 1997, SCHWENNINGER 2008).
Neben dem Nahrungsangebot benötigen Wildbienen auch geeignete Nisthabitate, die innerhalb eines artspezifischen Flugradius liegen. Oft sind die Arten in ihrer Nistweise hoch spezialisiert. Ein Großteil der Bienenarten nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen im Erdboden (siehe Abbildung 4). Die Weibchen schachten hierzu mehrere Zentimeter tiefe Gänge im Erdboden aus. Zumeist am Ende von seitlichen Verzweigungen werden dann die Brutzellen angelegt, in welche der Larvenproviant eingetragen und schließlich ein Ei abgelegt wird.
4. Die Rotklee-Sandbiene (Andrena labialis, Körperlänge 12 mm) am Eingang ihres Bodennests. (Foto: Schwenninger)
Einige Arten nisten ausschließlich in leeren Schneckenhäusern, andere in markhaltigen, trockenen Pflanzenstängeln oder im Totholz (siehe Abbildung 5), wiederum andere in vegetationsfreien Steilwänden. Das bedeutet, dass die Individuen bei optimalem Nahrungsangebot zwar selbst überleben, aber ohne Bruthabitat keine Nachkommen erzeugen können. In einigen Fällen können künstliche Nisthilfen Defizite ausgleichen, entscheidend ist letztendlich aber doch ein vielfältiges, natürliches Angebot an Nistplätzen sowohl für Bodennister als auch für oberirdisch nistende Arten.
5. Die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) beim Verschließen des Nests in Totholz. (Foto: Schwenninger)
Um die Existenzgrundlage für möglichst viele Wildbienenarten zu verbessern, ist daher neben der Anlage von Bienenweiden auch die Bereitstellung von Nistplätzen und -requisiten notwendig. Dies ist insbesondere durch den Erhalt und die Förderung einer vielfältigen, an Kleinstrukturen reichen Landschaft möglich.