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Was blüht uns im Juli?

Der Baum des Jahres 2019, die Flatter-Ulme – Ulmus laevis PALL.

Die Flatter-Ulme ist die unbekannteste unserer Ulmenarten. Bekannter bei uns sind die Berg-Ulme und die Feld-Ulme. Diese drei Arten sind in Mitteleuropa anzutreffen, der Verbreitungsschwerpunkt der Flatter-Ulme zieht sich nach Osteuropa bis in den Ural. Wie kann es sein, dass ein bis 40 m hoher Baumriese in Parkanlagen und Straßen kaum zu finden ist?

Die Flatter-Ulme wächst normalerweise auf Böden mit hohem Grundwasserstand, regelmäßig überfluteten Au- und Bruchwaldstandorten und verträgt bis zu 100 Tage Überflutung im Jahr. Solche speziellen Standorte gibt es nur noch selten wie beispielsweise im Oberrheintal, Donautal, den Sümpfen Frankens und im Voralpenland.

Die sommergrüne Flatter-Ulme kreuzt sich nicht mit den anderen beiden Arten und unterscheidet sich deutlich von diesen. Sie wird bis zu 35 m hoch und erreicht Stammdurchmesser von gut 1 m bei einem Alter von bis zu 250 Jahren. Sie bildet eine Pfahlwurzel mit oberflächennahem Horizontalwurzelsystem aus.
Gelbe Staubblätter-Büschel „flattern“ im Wind
Im März blüht sie vor dem Blattaustrieb Mitte April. Die bis 6 mm großen, grünlichen, rotvioletten Blüten mit gelben Staubblättern stehen in Büscheln an bis zu 4 cm langen Stielen, die im Wind „flattern“, daher der Name. Sie werden vom Wind oder von Insekten bestäubt.

Die Blätter besitzen einen stark asymmetrischen Grund mit doppelgesägtem Rand und ausgezogener Spitze. Ihre Herbstfärbung ist gelb.

Bei den Früchten handelt es sich um 1,4 cm große Flügelnüsse, die als Scheibendrehflieger vom Wind oder über das Wasser verbreitet werden. Die Nüsschen sind „Katastrophenkeimer“ und benötigen vom Wasser freigeräumte Rohböden als Keimsubstrat.
Ein Holz für hohe mechanische Beanspruchung
Die Flatter-Ulme besitzt drei Besonderheiten. Sie ist die einzige Art in Mitteleuropa mit Brettwurzeln, die zur Stabilisierung dienen. Ein Beispiel für ein Exemplar mit ausgeprägten Brettwurzeln befindet sich im Schlosspark beim Bismarck-Denkmal. Zudem bildet sie kräftige Stockausschläge, und ihre älteren Stämme besitzen starke Wasserreiser-Knollen, die die Baumkrone erweitern.

Im Gegensatz zu den anderen Ulmenarten ist die Flatter-Ulme nicht von der durch einen asiatischen Schlauchpilz ausgelösten Ulmenkrankheit betroffen. Wegen ihrer Rindenstruktur und der Inhaltsstoffe wird sie von den übertragenden Splintkäfern selten angeflogen.

Das Ulmenholz wird als Rüster bezeichnet. Es ist von geringem Wert, zeichnet sich aber durch eine besondere Zähigkeit aus. Einst wurde es für den Bau von Geräte mit hoher mechanischer Beanspruchung gesucht, wie Kutschen, Mühlen und Drechslereiprodukte aller Art.

Die Blätter wurden als Salat gegessen und waren in der Schneitelwirtschaft ein hochwertiges Viehfutter. Ulmen bieten ganz allgemein wichtigen Lebensraum für Dutzende von Tieren.
Baum des Jahres 2019
Die Gattung Ulmus zählt zu den Ulmengewächsen, Ulmaceae. Die Flatter-Ulme (lat. laevis = glatt) wurde erstmals durch den deutsch-russischen Botaniker Peter Simon Pallas 1784 beschrieben.

Die Flatter-Ulme ist nahezu unbekannt und ihr Vorkommen wird als „gefährdet“ eingestuft. Gezielt angepflanzt würde sie unsere Umwelt bereichern und uns erfreuen. Daher wurde ihr der Titel „Baum des Jahres 2019“ verliehen. Die ältesten Flatter-Ulmen in Hohenheim stehen im Exotischen Garten und wurden 1860 gepflanzt.

R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner, veröffentlicht am: 16.7.2019


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