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Was blüht uns im Dezember?

Die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium L.)

Hollywood in Hohenheim! Dies bezieht sich nicht auf Abläufe in Hohenheim, sondern steht vor allem in Verbindung mit der Stechpalme. Diese wird im Englischen ‚Holly’ genannt und ist namensgebend für den berühmten Vorort von Los Angeles.

Aktuell beglückt die Europäische Stechpalme mit dem Farbspiel ihrer glänzenden, dunkelgrünen Blätter und der intensiv roten Früchte den Betrachter. Für viele ist sie daher ein reizvoller Weihnachtsschmuck.

In Gärten und Parks erfreut sich die Stechpalme großer Beliebtheit und es existieren über 2.000 Zuchtsorten der Schmuckpflanze. Zudem besitzt das immergrüne Ziergehölz eine weit zurückreichende Symbolik und Tradition.

„Ilse bilse, keiner willse, die böse Hülse“
Weltweit gibt es neben unserer heimischen Europäischen Stechpalme 400 bis 600 Arten der von Linnée beschriebenen Gattung Ilex. Die größten Verbreitungsgebiete sind hierbei die Tropen und Subtropen Asiens und Amerikas. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Art ist Ilex paraguayensis, aus dessen Blättern der Mate-Tee erzeugt wird.

Die Europäische Stechpalme, oder altdeutsch auch Stechhülse genannt, gedeiht im Halbschatten unserer Wälder auf feuchten, humusreichen, tiefgründigen Böden, in die ihr Herzwurzelsystem eindringt. Sie wächst als Strauch oder als bis zu einem 15 Meter hohen Baum mit kegelförmiger Krone.

Durch Absenker und Samen vermehrt sich die Stechpalme sehr stark, so dass sie in Wäldern als Unkraut bzw. Unholz gilt. Daraus hergeleitet ist der Ausspruch „Ilse bilse, keiner willse, die böse Hülse“.

Gezähnte Blätter zum Schutz vor Frassschäden
Die ovalen Blätter der Stechpalme sind stark gewellt, dick ledrig, oberseits glänzend dunkelgrün und unterseits hellgrün. Auffallend sind die unterschiedlichen Blattformen am selben Individuum (Heterophilie), die ganzrandig oder gezähnt erscheinen.

Dies ist eine Anpassung an den häufigen Wildverbiss, vor allem im Winter. Die Blattgestalt wird durch epigenetische Programme gesteuert, sodass eine erhöhte Häufigkeit von Frassschäden die Produktion stacheliger Blätter erhöht. So finden sich im unteren, frassanfälligen Bereich oft gezähnte, in der Krone dagegen eher ungezähnte Blätter.

Fluch und Segen der immergrünen Blätter
Immergrüne Blätter sind Fluch und Segen zugleich. In milden Wintern haben die Pflanzen gegenüber laubabwerfenden den Vorteil, weiter Photosynthese betreiben zu können. In kalten Wintern bei Sonneneinstrahlung sind die Blätter jedoch von Nachteil, denn sie verdunsten weiter Feuchtigkeit.

Da aber kein Wasser aus dem gefrorenen Boden nachkommt, können immergrüne Laubbäume dann schnell vertrocknen. So besiedelt die Europäische Stechpalme nur Gebiete mit milden Wintern und nicht zu trockenen Sommern entlang des Verlaufs der 0°C-Januar-Isotherme von Nordafrika bis Skandinavien.

Eiförmige Steinfrüchte mit korallenroter Hülle
Die Europäische Stechpalme ist zweihäusig, es gibt also rein männliche und rein weibliche Individuen. Viele der Zuchtsorten sind männlich und tragen leider niemals Früchte.

Von Mai bis Juli taucht an den Stechpalmen eine Vielzahl an unscheinbaren, weißen Blüten auf. An den weiblichen Pflanzen reifen im September eiförmige Steinfrüchte mit korallenroter Hülle, die sich bis in den März an der Pflanze halten.

Gut für die Vögel, tödlich für den Menschen
Aus den Beeren wird im Elsass ein Obstbrand, der Baie de Houx hergestellt. Aus den getrockneten Blättern wurde im Schwarzwald Tee gebrüht. Doch sollte man behutsam mit der Stechpalme umgehen, denn die roten Früchte und die frischen Blätter der Europäischen Stechpalme sind für den Menschen stark giftig.

Für Erwachsene gelten 20 bis 30 Beeren als tödlich, für Kinder entsprechend weniger. Vergiftungssymptome sind Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen, Lähmungen, Nierenschäden, Durchfall und Schläfrigkeit. Für Vögel hingegen sind die Beeren ungiftig und eine willkommene Futterquelle im Winter.

Goethes Stechpalmen-Spazierstock
Ein bekanntes Stück Stechpalmenholz ist Johann Wolfgang von Goethes Spazierstock, der im Goethehaus in Weimar ausgestellt ist. Das gut polierfähige Holz nutzte man für Intarsien und Messfurniere.

In der Feintischlerei dient es als Ersatz für Ebenholz. Belaubte Zweige wurden zur Reinigung des Schornsteins gebündelt und an einem Seil befestigt. Die Stechpalme hat hier die Funktion einer Stahlbürste. Einst setzte man Zweige und Blätter auch gegen die Mäuse- und Rattenplage ein.

Der Gattungsname ‚Ilex’ bedeutet zu lateinisch ‚Stein-Eiche’ und bezieht sich auf die ähnliche Belaubung wie bei der immergrünen Eiche im Mittelmeerraum. Das Artepithet ‚aquifolium’ ist wohl vom lateinischen Wort ‚acutifolium’ (von ‚acutus’ spitz, scharf und ‚folium’ Blatt) abgeleitet.

Symbol des ewigen Lebens und die Dornenkrone Christi
Seit alters her ist das immergrüne Gewächs symbolbehaftet und steht für das ewige Leben. Die stachligen Blätter weisen auf die Dornenkrone des gekreuzigten Jesu hin. Am Palmsonntag wird in der gemäßigten Klimazone, mangels echter Palmenzweige, bei Prozessionen die Stechpalme verwendet.

Mit dem Tod am Kreuz verbinden sich die roten Beeren, die die Blutstropfen Christi symbolisieren. Als Schmuck über der Haustür soll die Stechpalme gute Geister beschwören und vor dem Bösen bewahren.

Als Dekoration in der Weihnachtszeit kann dieses faszinierende Gewächs aktuell vielfach bestaunt werden. Eine schöne Adventszeit wünschen Ihnen die Hohenheimer Gärten!

R. Gliniars, R. Bäßler & A. M. Steiner, veröffentlicht am: 16.12.2014


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